1,3 Millarden Euro für Münchens Unterwelt

9. April 2025

Ihr habt doch bestimmt schon gehört, dass ab 2034 die U-Bahn bis nach Pasing fahren soll? Die U5 wird in wenigen Jahren statt wie bisher „nur“ zum Laimer Platz über die Haltestellen „Willibaldstraße“ und „Am Knie“ (die Namen stehen noch nicht sicher fest) bis zum Pasinger Bahnhof verkehren. Wir durften uns exklusiv die Bauarbeiten anschauen und sind dafür zur Haltestelle Willibaldstraße gefahren. Dort sind wir mit dem Projektleiter Matthias Würfel für diesen Bereich verabredet.

Zu Beginn des Baus schoss den Arbeitern das Grundwasser entgegen

Als erstes gehen wir in das dortige Info-Center und bekommen von Matthias Würfel Sicherheitsschuhe, orangene Westen und Helme. Denn in normaler Kleidung darf man auf eine solche Baustelle natürlich nicht gehen. Dann geht es auch schon runter in den bisher gebauten Tunnel. Hier bei der Willibaldstraße haben die Bauarbeiter bereits 25 Meter lange Anker, also Verbindungen von Bauteilen, in die Erde gebohrt! Als das Ankerbohrgerät begann, in die Erde zu bohren, „schoss uns erstmal förmlich das Grundwasser entgegen“, berichtet Matthias Würfel. „Seit drei Jahren laufen die Arbeiten schon. Ein Teil der Tunneldecke ist bereits fertig.“ In der Erde sah man auch noch die verschiedenen Gesteinsschichten aus der Eiszeit, die ja schon viele Millionen Jahre her ist. Spannend, oder? „Im ersten Jahr waren in der Erde noch überall Strom-, Wasser- und Gasleitungen und mussten erstmal zur Seite geräumt werden“, erklärt uns Matthias Würfel – aber selbstverständlich so, dass alles noch funktioniert und es keine Ausfälle gab. Denn die Bewohner:innen in Laim und Pasing wollen ja weiterhin aufs Klo gehen und brauchen auch während der Bauzeit natürlich Strom. Für die Bauarbeiten verwendet die zuständige Firma viele verschiedene Maschinen. Für den Tunnel zu den Bahnhöfen „Am Knie“ und „Bahnhof Pasing“ wird unter anderem die sogenannte „Tunnelbohrmaschine“ zum Einsatz kommen.

Tunnelbohrmaschine ist 24 Stunden im Einsatz – sonst wären 25 Millionen Euro weg

Die gesamte Baustelle über alle drei Stationen ist übrigens 1,1 Kilometer lang. Alleine bei der Willibaldstraße arbeiten rund 100 Menschen. Viele sind von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr auf der Baustelle.

Die Tunnelbohrmaschine wird sogar 24 Stunden im Einsatz sein, da Sie ja gegen das Grundwasser arbeiten wird. Pumpen sorgen für Druckluft, um gegen das drückende Grundwasser arbeiten zu können. „Wenn die Pumpen nicht arbeiten, ist am nächsten Tag die Maschine kaputt und 25 Millionen Euro sind im Eimer“, erklärt Matthias Würfel – deshalb der Betrieb 24 Stunden am Tag. 25 Millionen Euro? Ja, ihr habt richtig gelesen. So teuer wird die Maschine voraussichtlich sein. Die Baufirma wird sie extra für den Bau kaufen und am Ende, wenn alles fertig ist, wieder verkaufen. Matthias Würfel und vierzehn Kollegen arbeiten für das Baureferat der Stadt München, die vielen anderen Mitarbeiter für die Baufirma.

Jeder Tag Bauarbeiten am Bf Willibaldstraße kostet ca. 120.000 Euro

Der komplette Bau bis Pasing wird übrigens 1,3 Milliarden Euro kosten. So ist zumindest der Plan. Im Moment liegen die Baumaßnahmen im Kostenrahmen. Jeder Tag, an dem die Baustelle am Bahnhof Willibaldstraße in Betrieb ist, kostet im Durchschnitt circa 120.000 Euro. „Wenn die vollständige Baustelle einen Tag zum Stillstand käme, würde das die Münchner Steuerzahler also 120.000 Euro kosten. Also müssen wir jeden Tag Entscheidungen so treffen, dass die Baustelle nicht stillsteht“, erklärt Matthias Würfel.

Zuerst werden die Bahnhöfe, dann die Tunnel zwischendurch gebaut

Das Vorgehen der Firmen ist es, als erstes die Bahnhöfe und dann die Tunnel zu bauen. Denn die Bahnhöfe brauchen wesentlich länger als die Tunnel. Zum Beispiel dauert der Tunnel zwischen den Stationen Willibaldstraße und Am Knie „nur ungefähr 5 Monate, da die Tunnelbormaschine sieben Meter am Tag schafft. 100 Meter dauern also etwa 15 Tage“, erklärt uns Matthias Würfel. Wenn man bedenkt, wie fest die Erde ist und wie viel gegraben werden muss, finden wir das sehr schnell!

Die Bahnhöfe werden nicht mit der Tunnelbohrmaschine gebaut, sondern mit seitlichen Wänden und einem darüberliegenden Deckel. Um die seitlichen Wände herstellen zu können werden beim Bahnhof Willibaldstraße tiefe Schlitze im Erdreich ausgehoben. „In die Schlitze wird Bentonit gefüllt, das seitlich den Kies aufhält, damit er nicht rein bricht. Der Bentonit wird extra für die Tunnel angemischt“, erklärt Matthias Würfel. In die gegrabenen Schlitze kommt außerdem sogenannter Bewegungsstahl und dann der Beton. „Der Beton muss 25 Meter in die Tiefe. Damit er nicht schon vorher aus dem Betonierrohr rausläuft, stecken wir einen Ball ins Rohr.“ Normalerweise kommt der Ball dann wieder während des Betonierens hoch, manchmal bleibt er aber auch stecken. „Wenn wir dann den Tunnel bauen, sehen wir an manchen Stellen plötzlich einbetonierte Bälle“, so Matthias Würfel lachend.

Schildkröte Kleopatra wanderte nachts unbemerkt über die Baustelle

Bei den Bauarbeiten passiert auch sonst immer wieder was Lustiges. Zum Beispiel lebte auf der Nordseite der Baustelle die Schildkröte Kleopatra hinter einem Gartenzaun. „Irgendwann kam die Meldung, dass Kleopatra weg ist. Tage später wurde sie dann weit entfernt von Ihrem Grundstück gefunden. Sie muss also nachts unbemerkt über die Baustelle gewandert sein“, erzählt Matthias Würfel. Nachts wird die Baustelle zwar eigentlich von „Bauwatch“ überwacht. Die hatten die kleine Schildkröte wohl aber übersehen. Ein anderes Mal wollte jedoch nachts ein Anwohner zu seiner Tiefgarage und wurde plötzlich von einer Stimme aufgeschreckt, die warnte „Bitte verlassen sie die Baustelle“. Dabei wollte der Herr doch nur zu seinem Auto. „Am nächsten Morgen haben sich Anwohner beschwert, dass sie nachts von irgendwelchen Stimmen geweckt wurden“, erzählt Matthias Würfel schmunzelnd. Oft muss das Bau-Team tagsüber eine Straßenführung verändern, damit die Bauarbeiten weitergehen können. Es kam dadurch schon öfters vor, dass Leute abends den Weg nach Hause zunächst nicht mehr fanden, weil der Weg plötzlich anders war als in der Früh. In einer Ballettschule nahe der Baustelle waren die 6- bis 7-Jährigen Ballettschülerinnen durch den Baulärm so nervös, dass Matthias Würfel den Ballettunterricht besuchte und den Mädchen alles erklärte.

Die Pläne für die Verlängerung bestehen bereits seit 1988

60.000 Menschen werden die U-Bahn nach Pasing wohl benutzen. Die meisten würden sonst wohl das Auto nehmen. Das ist auch ein wesentlicher Grund für die Verlängerung. Außerdem geht es mit der U-Bahn auch schneller. Die Pläne für die Verlängerung gibt es übrigens schon seit 1988. Es wurden für den Bau circa 635 Bäume gefällt. „Dafür werden aber woanders genauso viele Bäume wieder neu eingepflanzt“, so Matthias Würfel.

Wir fanden die Besichtigung der Baustelle und die Erklärungen von Matthias Würfel wirklich sehr, sehr interessant. Es war für uns wahnsinnig spannend, in den Untergrund zu steigen und mit einer richtigen Bauarbeiter-Ausrüstung die Tunnel zu erkunden. Besonders toll fanden wir, zu sehen wie die Erde so weit unten aussieht und die Spuren von der Eiszeit zu sehen. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an Herrn Würfel, der uns das alles gezeigt und so gut erklärt hat!

Eure Pasing kreuz & quer-Redaktion